Ich wohne mit elf anderen Volontären in einer eigenen Wohnung gegenüber vom
Navajeevan Haupthaus. Die erste Woche ist voll von neuen Eindrücken,
aber durchaus positiven. Mir werden alle Projekte gezeigt, ich lerne,
mit den Fingern zu essen und mich indisch zu kleiden. Zur Panjabihose
(weit geschnittenen Pluderhose) und dem Panjabi (passendes Oberteil) –
entweder auf den Leib geschneidert oder gekauft – gehört auch der Chunni
(Schal). Den Schal sollte man immer tragen, was anfangs etwas Übung
erfordert, da er ständig herunterfällt, aber das wird mit der Zeit.
Als ich im Urlaub zum ersten Mal wieder ein T-Shirt getragen habe,
hat er mir sogar gefehlt. Die ersten fünf Wochen im Projekt arbeite
ich zusammen mit einer anderen Volontärin in der Mädchenschule Sethu.
Ich gebe Englisch- und Tanzunterrich, male, spiele und bastle mit den Mädchen
im Alter von acht bis zwölf Jahren. Ich merke, dass Mädchen immer noch
einen ganz anderen Stellenwert als Jungen haben. Im Sethu waschen die
Kinder ihre Wäsche selbst, helfen beim Kochen und Putzen. Jeder hat
seine Aufgabe. Bei den Jungs, die im Mettu unterrichtet werden,
werden alle diese Aufgaben extern erledigt. Durch den Bau des
Mädchenheimes Balika hat sich die Situation nun allerdings verbessert:
Mädchen und Jungs werden zusammen in allen Fächern unterrichtet.
Als Hilfe für eine Studie zum Thema „Kinderrechte“ gesucht wurde,
habe ich mich bereiterklärt und erfuhr vieles, meist erschreckendes,
über das indische Rechtssystem. Nach meinem Urlaub habe ich noch zwei
Wochen auf der Krankenstation ausgeholfen. Dort habe ich vor allem mit
den schon wieder munteren Kindern gebastelt und gemalt – und mir
Heidi auf Telugu angesehen.
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