Ausführlicher Bericht von Anja
Während meiner Zeit bei Navajeevan Bala Bhavan in Vijayawada wurde
die Bridge-School (Übergangsschule) Akshara, die in einem Vorort
der Stadt liegt, zu meiner Einsatzstelle und einem geliebten Ort.
Akshara dient 30 Kindern, die aus sehr ärmlichen Verhältnissen
kommen und deren Eltern sich nicht um sie kümmern können, als
Übergangsschule und Auffangstelle. Sie müssen von morgens bis abends
auf den Feldern oder als Müllsammler arbeiten, um ihre Familien
ernähren zu können. Ziel des Projektes ist es, den Kindern Sicherheit
zu bieten. Dazu gehört unter anderem ein geregelter Tagesablauf,
Möglichkeiten zur Körperpflege, ein warmes Mittagessen, Raum zum
Spielen und die Möglichkeit zum Austauschen und Lernen und insbesondere
Bezugspersonen, die immer für sie da sind.
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Jeden Tag aufs Neue wurde ich beim Aussteigen aus dem Bus von den
Anwohnern des Vorortes, die erstaunlicherweise alle meinen Namen
kannten, umstürmt und aufs herzlichste begrüßt.
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In Akshara angekommen machten eine der beiden Lehrerinnen und ich
uns sogleich auf den Weg, einen Teil der Kinder von ihren Hütten
zwischen den nahgelegenen Reisfeldern abzuholen. Kinder, die weiter
entfernt wohnten, wurden mit der Auto-Rikscha zur Schule gebracht.
Währenddessen bereitete die Köchin schon alles für die bevorstehende
Dusche vor. Nachdem wir endlich alle Kinder zusammengetrommelt hatten
und alle mit Wasser gefüllten Eimer bereitstanden, konnte die "Duschparty"
beginnen. Party deshalb, weil die Kinder jeden Morgen dabei einen
riesigen Spaß hatten und vor Freude wie wild herumsprangen und tanzten.
setzten sich die Kinder dann in ihren bunten Schuluniformen auf den
Fußboden, um auf ihren kleinen Tafeln neue Buchstaben zu lernen und
zählen zu üben. Da sie kein Englisch sprachen, beschränkte sich unsere
Unterhaltung auf ein paar Brocken Telugu, die ich mit der Zeit
aufgeschnappt hatte. Mit Händen und Füßen konnten wir uns allerdings
gegenseitig mehr erzählen als ich mir je hätte vorstellen können.
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Weil die Kinder ganz verschiedenen Alters sind (zwischen 3 und 13 Jahren)
und sogar Gleichaltrige sehr unterschiedlich weit sind, was die Entwicklung
und die Aufnahmefähigkeit anbelangt, war es wichtig auf jedes einzelne Kind
individuell einzugehen und individuell mit ihnen zu lernen. So konnten
wir sicher gehen, dass keines der Kinder über- bzw. unterfordert wurde.
Wenn die Konzentrationsfähigkeit der Kinder erschöpft war, gab es Zeit
zum Herumtollen und Spielen. Zu Mittag aßen wir immer gemeinsam, was sehr
gemütlich und vertraut war – natürlich im Schneidersitz auf dem Boden.
Nach dem Essen durften die Kinder eine halbe Stunde fernsehen
(das Highlight schlechthin!), nämlich so lange, bis die tägliche
Stromsperre eintrat. Das einzig Gute an dieser Stromsperre war, dass
es keine Diskussion um längeres Fernsehen gab. Ansonsten hatte sie
leider unter anderem auch den Ausfall der Ventilatoren zur Folge.
Am Nachmittag wurde gespielt, gemalt und getobt. Gegen 16.00 Uhr
ging dann ein fröhlicher und zugleich anstrengender, heißer und
manchmal ein bisschen chaotischer Tag in Akshara zu Ende.
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Insgesamt war ich 4 Monate bei Navajeevan und 3,5 Monate in Akshara. Es war
eine wundervolle Zeit, für die ich so dankbar bin und die leider viel
zu kurz war.
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Anja Stürk, Volontärin bei Navajeevan von Oktober 2011 bis Februar 2012
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