Der Navajeevan Freundeskreis ist ein gemeinnütziger Verein, der das indische Straßenkinder-Projekt Navajeevan in Vijayawada unterstützt.

Überblick über die Aktivitäten von Navajeevan
Auszüge aus dem Jahresbericht 2010 – 2011
Situation von Kindern und Jugendlichen in Indien/Andhra Pradesh:
  • Indien hat über 1,2 Mrd. Einwohner, 15% von ihnen sind unter 6 Jahren
  • Die Alphabetisierungsrate beträgt in Indien insgesamt 74%, Tendenz steigend
  • Andhra Pradesh liegt mit 67% unter dem Durchschnitt
  • Nur 54% der Kinder, die zur Schule gehen, besuchen diese bis zum Ende der Schulpflicht
Weitere große Probleme sind in Indien zudem die hohe Zahl von arbeitenden Kindern, Straßenkindern, Kinderprostitution, sexueller und häuslicher Gewalt, Diskriminierung durch das Kastensystem sowie soziale und kulturelle Unterschiede.
Auf Grund der ständigen Analyse der sozialen Gegebenheiten in Andhra Pradesh weitet Navajeevan seine Handlungsfelder stetig aus und evaluiert vorhandene Projekte. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt stets darin Kinder, Jugendliche und deren Familien in schwierigen Situationen zu unterstützen und sich für ihre Rechte einzusetzen.
Navajeevan ist mit 120 MitarbeiterInnen eine der größten Organisationen in der Region, die sich für Straßenkinder und arbeitende Kinder einsetzt. Sie ist gut mit anderen Nicht-regierungsorganisationen (NGOs), sowie lokalen Regierungsinstitutionen und der Polizei, vernetzt. Ein wichtiger Bestandteil ist die Lobbyarbeit im Bereich der Kinderrechte, wie z.B. Kinderparlamente, das Kinderwohlfahrtskomitee und Öffentlichkeitsarbeit.
Seit dem Bestehen von Navajeevan 1993 sind über 37000 Kinder und Jugendliche von Navajeevan registriert worden. In diesem Jahr wurden 3.340 neue Straßenkinder und Jugendliche von Navajeevan registriert, 270 von ihnen Mädchen. Die Zahl der Jungen und Mädchen, die in den verschiedenen Einrichtungen und Projektteilen betreut werden, beträgt in diesem Jahr über 6.200.
"Street Presence" (Straßen-Präsenz-Team) – Das Straßenpräsenzteam stellt, meist am Bahnhof und in den Industriegebieten, die Erstkontakte mit den Kindern her. Sie bieten erste Hilfe an und versuchen in ersten Gesprächen die Kinder zu motivieren ihr Leben auf der Straße zu beenden. Derzeit wird täglich mit ca. 16 neuen Kindern Kontakt aufgenommen, während es im Jahr 2004 noch 27 pro Tag waren. Insgesamt registrierten die Streetworker dieses Jahr in Vijayawada 2.675 Kinder und Jugendliche, die auf der Straße leben.
"Shelter und Counselling" (Schutz und Beratung) – Im Erstversorgungs-/ Beratungszentrum werden primär die Grundbedürfnisse der Kinder gestillt (Verpflegung, Unterkunft, medizinische Versorgung), zudem werden die Kinder von ausgebildeten MittarbeiterInnen beraten und betreut. Insgesamt wurden in diesem Jahr 1.115 Kinder mit Verletzungen und verschieden schweren Erkrankungen direkt vor Ort oder im projekteigenen Krankenraum entsprechend medizinisch versorgt. Über 60% der Kinder, von denen über die Hälfte zwischen 13 und 16 Jahren alt ist, haben noch beide Elternteile, 10 % der Kinder sind Vollwaisen. Die meisten Kinder stammen aus verschiedenen Regionen Andhra Pradeshs, 18% von ihnen aus anderen Bundesstaaten Indiens.
Gründe warum Kinder und Jugendliche auf der Straße leben:
  • 27% Gewalt und Missbrauch durch Eltern
  • 20% Gruppenzwang und die Verlockung des Lebens auf der Straße
  • 14% wirtschaftliche Probleme der Familie
  • 8% Missbrauch und Gewalt am Arbeitsplatz
  • weitere Gründe: zerbrochene Familien, Missbrauch durch Verwandte, verloren gegangen Kinder, Flucht vor Zwangsehen
"Bala Vikasa Kendram" (Zentrum für arbeitende Kinder) – Dieser Projektteil setzt sich für die Bekämpfung von Kinderarbeit ein, die in verschiedenen Arbeitsfeldern unter sehr gefährlichen und ausbeuterischen Bedingungen stattfindet. Die arbeitenden Kinder und Jugendlichen werden von MitarbeiterInnen an ihrem Arbeitsplatz besucht, Die MitarbeiterInnen reden mit ihnen über ihre Situation und machen sie auf die Angebote von Navajeevan aufmerksam. 2010 wurden auf diese Weise 1.773 arbeitende Kinder betreut, 30% von ihnen Mädchen.
"Home Integration" (Familienzusammenführung) – Wenn es die familiäre Situation zulässt, wird versucht die Kinder wieder in ihre Familie zu integrieren. Sowohl die Kinder als auch die Familien werden von MitarbeiterInnen in diesem Prozess begleitet. Dieses Jahr wurden 1.894 der Kinder wieder mit ihren Eltern oder Verwandten zusammengeführt, ca. 95% von ihnen bleiben dauerhaft in ihren Familien. Von den diesjährig 3.340 registrierten Kindern gelang es 55% wieder in ihre Familien zu integrieren, 12% nahmen an “Orientation Camps” teil, 7% wurden an andere Organisationen vermittelt und 25% leben weiterhin auf der Straße.
"Orientation Camps" (Neuorientierung-Camps) – Kinder, die nicht in ihre Familien zurückkehren können, durchlaufen einen einmonatigen Beratungs- und Orientierungsprozess, während dem sie sich mit ihrer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auseinandersetzen. Zusammen mit den MitarbeiterInnen werden die nächsten Schritte erarbeitet und die Kinder werden ihrem Alter, Geschlecht und Vorbildung entsprechend in Projektteile von Navajeevan oder Partnerorganisationen integriert.
"Bridge Schools" (Aufbaukurse) – Kinder, die bereits eine Schule besucht haben, werden auf den Wiedereinstieg in das staatliche Schulsystem vorbereitet. In den Aufbaukursen erhalten sie Unterstützung um sich wieder in den gesellschaftlichen und schulischen Strukturen zurechtzufinden. Derzeit werden ca. 200 Kinder in solchen "Bridge Schools" unterrichtet.
"Schulbildung" – Kinder und Jugendliche, die eine Schule, ein College oder eine Universität besuchen, werden während ihrer Ausbildungszeit begleitet. Navajeevan kümmert sich um die Unterbringung in Wohnheimen oder Pflegefamilien und stellt Schulgeld und sowie die notwendigen Lernmaterialien zur Verfügung. 218 der schulpflichtigen Kinder konnten in diesem Jahr in regionale Schulen integriert werden, 412 Jugendliche studieren an einem College oder nehmen an Fortbildungslehrgängen teil.
"Lehrausbildung" – Jugendliche, die nicht mehr schulpflichtig sind, haben die Möglichkeit eine Lehrausbildung zu absolvieren. Es werden sowohl projektinterne als auch projektexterne Ausbildungsplätze angeboten. In Navajeevans Lehrwerkstätten lernen insgesamt 162 Jugendliche verschiedene Berufe wie Tischler, Mechaniker, Elektriker und Computertechniker. 476 Jugendliche haben an verkürzten Lehrgängen zur Erweiterung ihrer Fähigkeiten teilgenommen. Ca. 77% der Jugendlichen, die eine Lehrausbildung absolviert haben, gelingt es im Anschluss eine Arbeitsstelle zu finden.
"Women Empowerment" (Rechte der Frauen stärken) – In zehn Dörfern in der Umgebung von Vijayawada arbeiten MittarbeiterInnen von Navajeevan mit Frauen und Familien zusammen um häuslicher Gewalt vorzubeugen und sie zu bekämpfen. Navajeevan setzt sich für die Rechte dieser Frauen und Kinder ein und betreute seit April 2009 bisher 60 Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden.
"HIV-/Aidskranke Kinder" – Seit November 2010 werden 166 von HIV/Aids betroffene Familien mit insgesamt 293Kindern in 10 Dörfern rund um Vijayawada betreut. Von diesen Familien sind 115 Erwachsene und 6 Kinder mit HIV/Aids infiziert. In erster Linie wird von Navajeevan Aufklärungsarbeit vor Ort geleistet, mit dem Ziel einen Ausschluss dieser Familien aus der Dorfgemeinschaft zu verhindern. Zudem werden die Infizierten ärztlich behandelt und mit ergänzender Ernährung versorgt.
"Juvenile Justice Desk" (Kinderrechtsbüro) – Dieser Projektteil tritt in Aktion wenn Kinderrechte verletzt werden und geht beispielsweise Fällen von körperlicher und sexueller Gewalt, Missbrauch und Kinderarbeit nach. In diesem Jahr wurden insgesamt 33 Fälle, in denen die Kinderrechte missachtet wurden, bearbeitet.