Der Navajeevan Freundeskreis ist ein gemeinnütziger Verein, der das indische Straßenkinder-Projekt Navajeevan in Vijayawada unterstützt.

Erfolgreicher Kampf gegen Schulabruch
Hahn Air Foundation finanziert den Schulbesuch von 49 Mädchen in 2016/17

"Unsere Gebete während der Schwangerschaft enden üblicherweise mit dem Satz: Ich wünsche dir einen gesunden Sohn. Da fängt es doch schon an! Da müssen wir unsere Priester herausfordern und ihnen sagen: wünsch mir ein gesundes Kind!“ So beschreibt Kiran Bedi, eine der prominentesten Sozialaktivistinnen Indiens, in einem Interview mit dem Deutschlandfunk die tief verankerte Diskriminierung von Mädchen in Indien. Während die Jungen als Erben und Altersversorgung unterstützt werden, gelten Mädchen oft als finanzielle Bürde. Denn es ist Tradition, dass sie das Elternhaus am Hochzeitstag mit einer hohen Mitgift verlassen, die erstmal erwirtschaftet werden muss. Nach Angaben der indischen Regierung können nur knapp über 50 Prozent der weiblichen Bevölkerung lesen und schreiben, während es bei den Männern über 75 Prozent sind. Gegen diese eklatante Benachteiligung von Frauen helfen vor allem bessere Bildungschancen. Das indische Hilfsprojekt Navajeevan ermöglicht im Schuljahr 2015/16 49 Mädchen aus benachteiligten Familien den Besuch der Schule und damit einen Ausweg aus der Armut. Die Mädchen stammen aus Dörfern rund um die Millionenstadt Vijayawada, der Hauptstadt des Bundesstaats Andra Pradesh. Möglich gemacht wird ihr Schulbesuch durch die Spende der Hahn Air Foundation in Höhe von 20.000 Euro.
Laut Gesetz haben alle indischen Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren das Recht auf eine kostenlose Schulbildung. An den Grundschulen ist das Verhältnis von Jungen und Mädchen deshalb auch annähernd gleich. Allerdings ändert sich das. „40 Prozent der indischen Mädchen verlassen auch heute noch die Schule vor Beginn der fünften Klasse", sagt die indische Erziehungswissenschaftlerin Minati Panda (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung).
Auch die heute 14-jährige Roja hörte der nach der vierten Klasse auf, die Schule zu besuchen. Ihre Eltern sind beide Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft. Als Roja die vierte Klasse absolviert hatte, zogen die Eltern zum Arbeiten nach Hyderabad, etwa 160 Kilometer westlich von Rojas Heimatdorf, und ließen die Kinder zurück. Eine Bekannte der Familie brachte Roja und ihre ältere Schwester in eine andere Familie, wo sie fortan als Hausangestellte arbeiten sollten. Ronjas Schwester riss von dort aus und informierte die Behörden, denn Kinderarbeit ist in Indien offiziell verboten. So kamen beide Kinder zu Navajeevan.
In ärmeren Schichten brechen besonders viele Mädchen die Schule ab, so Erziehungswissenschaftlerin Panda. Denn die Mädchen werden schon früh auf ihre spätere Rolle als Ehefrau und Mutter vorbereitet. "Sie müssen im Haushalt oder bei der Betreuung kleinerer Geschwister helfen, wofür nach Ansicht vieler Eltern eine elementare Schulbildung wie das Erlernen von Lesen und Schreiben mehr als ausreichend ist“, sagt Panda. Zwei Jahre lang besuchte Roja bei Navajeevan sogenannte Brückenkurse, um sie auf die Wiedereingliederung in das Schulsystem vorzubereiten.
Seit 2013 geht sie in die Gurukul Patasala-Schule in Veerapanenigudem, 30 Kilometer nordöstlich von Vijayawada, und lebt dort in einem Internat. Mittlerweile besucht Roja dank der Unterstützung durch die Hahn Air Foundation die 9. Klasse. Die Ferien verbringt sie zuhause bei ihren Eltern. Wie auch in ihrem Fall bemühen sich die Mitarbeiter von Navajeevan immer, den Kontakt der Kinder zu ihren Elternhäusern nicht abreißen zu lassen. Zum Schutz der Kinder werden diese Kontakte möglichst eng begleitet.
Schülerinnen in
Hanumam Junction
Schülerinnen bei der YaR-Day-Feier
(Youth at Risk) im Kinderdorf Chiguru
Schulausflug mit
dem Bus
Während Rojas Schule keine Gebühren kostet, ist das bei vielen anderen der geförderten Mädchen ganz anders. Navajeevan geht mehr und mehr dazu über, Kinder in sogenannte „English Medium Schools“ zu schicken, das sind Schulen, in den der Großteil des Unterrichts auf Englisch stattfindet. Die Kinder haben es dann leichter, später auf gute Colleges oder sogar Universitäten zu kommen. Allerdings sind die English Medium-Schulen häufig Privatschulen und damit deutlich teurer. So kostet etwa die Schule der 12-jährigen Koteswari (6. Klasse), der 11-jährigen Akshya (5. Klasse) und der 11-jährigen Venkatadurga (5. Klasse) pro Jahr 6000 Rupien an Schulgebühren. Es handelt sich dabei um die private Auxillium School in Guntur. Insgesamt stiegen die Schulgebühren pro Kind im Vergleich zum Vorjahr um 54%. Auch die Ernährung und Unterbringung für die Mädchen wurden teurer. Das führte dazu, dass in diesem Schuljahr weniger Schülerinnen unterstützt werden konnten als im Vorjahr. Waren es 2015/16 bei einer Summe von 25.000 Euro (davon 20.000 von der Hahn Air Foundation) noch 92 Mädchen, reichten die 20.000 Euro im Schuljahr 2016/17 nur für 49 Mädchen.